Sonntag, 15. November 2015

Friedhöfe

(Nächste Woche ist Totensonntag, Ewigkeitssonntag oder wie er auch immer genannt werden möchte. Aus diesem Anlass folgende Überlegungen...)

Friedhöfe

Ich gehe gerne über Friedhöfe. Einschränkung: Über Friedhöfe, auf denen niemand begraben liegt, den ich kenne. Weitere Einschränkung: Niemand, den ich kannte und mochte.
Friedhöfe sind ruhig, einige sind parkähnlich angelegt und zeigen eine künstlerische Vielfalt, wie sie sonst nur in stickigen Museen zu sehen ist: Statuen, Bildnisse, Blumenarrangements und kleine Texte. Alles Ausdruck von Schmerz und Trauer, aber auch von Liebe und Hoffnung.
Ein Spaziergang über einen Friedhof wird schnell zur Entdeckungsreise. Wer liegt hier? Wie alt ist dieser Mensch geworden? Ist der Mann vor der Frau gestorben? Sind gar die Kinder vor den Eltern gestorben? Ist dieser Stein ein Zeichen für Liebe oder für ein schlechtes Gewissen?
Schnell dreht es sich nicht mehr nur um die bloße Beobachtung. Es wird interpretiert, Geschichten werden erfunden und Ränke geschmiedet. Den Toten wird Unrecht getan, den Hinterbliebenen sowieso.

Und wozu das alles? Wahrscheinlich nur, um die eigenen Gedanken an den Tod erträglicher zu machen. Wer will schon gerne sterben? Wer will schon den Fortgang der Geschichte verpassen?
Und trotzdem beschäftige ich mich recht gerne mit solchen Dingen. Vielleicht ist das familiär bedingt (Pfarrers- und Pathologen-Abkömmling), vielleicht auch aufgrund von eigenen Erfahrungen, die ich während meiner Begegnungen mit schwerkranken Menschen gesammelt habe.

Jedenfalls habe ich mehrere Ideen entwickelt, was nach meinem Tod übrig bleiben soll. Zunächst einmal möchte ich gerne nach meiner Organspende verbrannt werden.
Danach wird es schon schwieriger. Ich bin ja ein Freund von Seebestattungen geworden. Allerdings hängt es stark von der Seetauglichkeit meiner Hinterbliebenen ab, ob das möglich ist. Immerhin möchte ich alleine versenkt werden, höchstens noch ein paar Blümchen.
Eine Alternative zur See wäre dann auch ein Friedwald, da ist es auch schön ruhig. Und auf meine Ruhe lege ich besonderen Wert.
In einem Gespräch mit einem älteren Herrn habe ich vor einiger Zeit auch schon Ideen für mögliche Gedenk-Steine oder Plaketten entwickelt. Da ich ja mit 150 „plötzlich und unerwartet“ sterben werde, tendiere ich zu einem kleinen Stein oder einer kleinen Plakette mit dem simplen Wörtchen „Huch“.
Da ja aber die Menschen, die das sehen werden, auch was zum Grübeln haben wollen, wäre ich auch mit dem Zusatz „...und Tschüss...“ zufrieden.

So bleibt auch den nachfolgenden Generationen noch Raum für Interpretation, Geschichten und Ränkeschmiede.