„Ach, ist das schön!“
Etwas anderes konnte Dr. Karsten Reich schon eine Weile lang
gar nicht mehr denken. Es war ja sooo schön!
Er saß in einem extrem bequemen Sessel und seufzte vor sich
hin. Die Augen hielt er geschlossen, um ganz in diesem Moment der
Glückseligkeit aufgehen zu können. Er spürte nur den Sessel und das warme,
wohlige Gefühl in seinem Magen. Im Hintergrund erklangen sanfte Töne einer
wohlklingenden Musik.
„So fühlt sich also Glück an. Schön!“, dachte er, „Und das
nur, weil das Pack weit weg ist. Kein Landvolk mehr, keine Frau Hufschmied
mehr, vor allem kein Hinnerk mehr.“
Ein kurzer Krampf durchzuckte ihn, doch sofort erklärte er
sich: „Das kommt bestimmt von der letzten Golfrunde mit meinen neuen Freunden
aus der Klinik. JA, KLINIK! Ist das GEIL!!!“
Das Grinsen auf seinem Gesicht wurde immer breiter: „Eine
Klinik, in einer echten Stadt – und ich bin der Chef. Alle beten mich an. Alle
wollen mein Freund sein. Und alle Frauen... nun ja, ein Genießer schweigt... Hauptsache
nicht mehr dieses Scheiß-Dorf. Diese Deppen. Dieses Essen. Dieses BINGO. Und dieses
Gesöff erst...“
Karsten schauderte bei dem Gedanken an seine Zeit im Dorf. In
diesem Sessel fühlte es sich so schön an.
Wobei...
...irgendwie...
...langsam wurde der Sitz unbequem...
...und kalt wurde es auch...
...und die Musik klang nicht mehr so schön...
...eher wie – MUUUUH?
Karsten riss erschrocken die Augen auf – und erschrak noch
mehr, als direkt vor seinem Gesicht ein unscharfes, aber definitiv hässliches
Männergesicht scheinbar tief in seine Augen blickte.
„AAAAAH“, konnte er noch rufen, bevor er rückwärts vom
Melkschemel ins Heu fiel. Lautes Gelächter war vernehmbar.
„Aber“, stotterte Karsten, „aber was... aber wie... aber
wo...“
Das Lachen schwoll an, bis sich die hässliche Männervisage
wieder auf ihn zubewegte. Langsam erkannte Karsten das Gesicht: Hinnerk.
„AAAAAAAAAH!“, brachte Karsten erneut hervor.
Nun wurde Hinnerks Grinsen immer breiter: „Na, Herr Doktor? Ihnen
scheint Hinnerks Weihnachtswunder ja zu gefallen. Sie haben immerhin fast eine
Viertelstunde reglos auf dem Schemel gegrinst. Das is‘ neuer Rekord.
Glückwunsch!“
Na dann, dachte
Karsten, frohe Weihnachten...