Dienstag, 17. März 2020

Krise


Früher war alles einfacher: Der Mann war der Chef, alle anderen machten, was befohlen wurde. Egal, ob Frau oder Kind oder beides.

Schon im letzten Jahrhundert änderte sich die Situation in Deutschland. Die Gleichberechtigung bahnte sich ihren Weg, Männer durften jetzt auch lange Haare und bunte Klamotten tragen. Die Grenzen zwischen den Geschlechtern verschwommen, sodass neue dazu kommen mussten. Geschlechter, nicht Grenzen.

Klingt doch super!

Leider ging die Entwicklung vielen zu schnell. Anderen zu langsam. So entstand der Wunsch alles viel schneller zu regeln. In die eine oder andere Richtung.

Die, die zuvor weniger Rechte hatten, wollte schnell zu mehr Rechten kommen. Die, die zuvor an der Macht waren, wollten dort bleiben oder schnell wieder an die Macht kommen.

So wurde übrigens auch die Spülmaschine von einer Frau erfunden, die nicht wollte, dass ihr Mann im Haushalt die Macht übernahm…

Auch die Beziehung von Paaren änderte sich langsam. Vieles, was früher ok war, ist es heute nicht mehr. Das ist auch gut so!

Anderes, was früher undenkbar gewesen wäre, ist heute scheinbar normal. Vieles verändert sich immer weiter.

Die Genetik lässt sich leider nicht so leicht verändern. Da sind wir langsamer als alle anderen Lebewesen auf diesem (und anderen?) Planeten. Da müssen wir deutlich machen, was uns unterscheidet. Das nimmt der Mensch gerne in die eigene Hand.

Der junge Mann von heute zeigt dies zum Beispiel durch seine Kleidung: Während er von seinem Weibchen erwartet, dass es sich schminkt, die Fingernägel macht und nuttig aussieht, läuft der Kerl herum, als sei er grad aus dem Bett gefallen. Aber mit teuren Schlafklamotten.

An dieser Stelle zeigt sich die Abgrenzung zur Tierwelt, in der die Männchen die Hübscheren sind.

Das Dominanzverhalten der Männchen ähnelt sich aber weiterhin. Während die Weibchen klug auszuwählen scheinen, was sie was sagen, oder wen sie zur Paarung heranziehen, scheint das Männchen wieder die primitiven Reize zu bevorzugen. Auch in der Sprache äußert sich das, leider lässt sich das häufig nicht verschriftlichen…

In echten Krisen, also solchen, die über die eigene Beziehung hinausgehen, zeigt sich beim Männchen ein Dominanzverhalten, das anderen zeigen soll, wer der Stärkste im Ring ist. Auch hier haben wir dazu gelernt und greifen nicht mehr auf Handgreiflichkeiten zurück. Meistens. Es gibt andere Hilfsmittel.

In den USA z. B. greifen Menschen in Krisen gerne zur Waffe oder zu Twitter.

In Deutschland besinnen wir uns auf Fähigkeiten wie Mimik und Gestik. Normalerweise ist der Deutsche an sich relativ ausdruckslos. Nur, wenn etwas nicht stimmt, werden die Gesten größer und die Gesichtsausdrücke deutlicher.

Momentan ist dieses Verhalten gut am deutschen Mann an der Kasse im Supermarkt zu beobachten. Alles wird energisch aufs Band geknallt und auch die Mimik sagt allen nachfolgenden Kunden ganz deutlich vieles.

Ein Gedankenprotokoll: „Heute bin ich dran mit Einkaufen, dann wird endlich mal das richtige gekauft!“ – „Außerdem ginge es schneller, wenn die anderen nicht so trödeln würden!“ – „Ja, ich habe das RECHT, so viel zu kaufen!“ – „An dem Warentrenner siehst Du ja wohl, dass ich nicht ausschließlich für mich einkaufe!?“ – „Ich bin nun mal der einzige, der stark genug ist, in dieser Situation aus dem Haus zu gehen!“

Fälschlicherweise werden solche Menschen manchmal als Arschlöcher angesehen. Hier befinden wir uns übrigens in keiner Männerdomäne mehr…

Die gute Nachricht: Wir können alle etwas tun!
Nehmen wir sie an, wie sie sind! Ist halt so. Warum aufregen? Warum ihnen das Gefühl geben, dass sie etwas falsch machen? Warum nicht ein wenig Entspannung in das Leben von uns allen bringen? Sie können nichts für ihre Gene. Und da wir ja alle wissen, aus welchen Gründen sich manche Gene vermischen…

Was eine entspanntere Einstellung für Vorteile hätte?

Die Arschlöcher hätten weniger Angst.

Angst davor, dass ihnen andere was wegnehmen. Zum Beispiel davor, dass eins der anderen Geschlechter den Beruf auch so gut (oder besser) kann. Davor, dass ein anderes Geschlecht mir meine Definition von Sexualität streitig macht – oder sogar meine*n Partner*in…

Und etwas weiter gefasst: Die Arschlöcher hätten weniger Angst davor, dass dies alles nicht nur für andere Geschlechter, sondern auch für Menschen aus anderen Ländern gilt. Sie würden die Angst verlieren, dass zu viele qualifizierte Ausländer*innen ins Land kämen, die ihnen den Arbeitsplatz streitig machen. Oder ihre*n Partner*in…

Grundsätzlich liegt statistisch gesehen die Angst grundsätzlich darin begründet, dass mehr Menschen da sind. Denn: Je mehr Menschen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand netter ist als ich. Dementsprechend rutsche ich auf dem Arschloch-Index immer weiter Richtung Arschloch.

Und auch in diesem Punkt scheint die Menschheit lieber das Heft in der Hand behalten zu wollen und dem natürlichen Lauf der Dinge vorgreifen zu wollen.

Viele Krisen sind einfach hausgemacht…