Mittwoch, 24. März 2021

Jahrestage

 

Vor ungefähr einem Jahr habe ich hier den bisher letzten Beitrag veröffentlicht. Grund genug, mal wieder was zu schreiben. Also hier…

Unser Jahr hat Struktur dadurch, dass wir Jahrestage haben. So können wir uns von Fest zu Fest hangeln, wir wissen dann, wie viel Zeit vergeht und was so ansteht. Ohne Feier- und Gedenktage wäre das Jahr ein einziges Chaos: Wir wüssten nicht, wann es schneien soll, wenn nicht Weihnachten wäre. Gelbe Blumen müssen im Frühjahr blühen, damit sie nicht namenlos dastehen, muss es Ostern geben. Ohne eine jährliche Sause zum Geburtstag wüssten wir gar nicht, wie alt und schlecht wir uns zu fühlen haben!

Auch Katastrophen haben ihre Jahrestage. Beginn und Ende von Kriegen, Ermordungen von wichtigen Menschen, Todestage allgemein. Ohne diese Tage wiederum wüssten wir nicht, wie gut es uns heute, in diesem Moment geht.

Momentan ist der Jahrestag „Corona-Anfang“ in aller Munde. Vielleicht hätte er zur allgemeinen Erheiterung auch „Wuhanien“ oder für Europa „Ischglien“ genannt werden können. Klingt doch direkt freundlicher.

Dank dieser Erinnerung wissen wir, wie lange es uns schon schlecht geht. Oder wie lange wir schon dies oder jenes nicht mehr dürfen.

Keiner kann sich erinnern, wie viele Taschentücher durchweint wurden, wie viel Klopapier gehortet, wie viel Brot gebacken und wie viele Beschwerdebriefe an den zuständigen Verwaltungsrat geschrieben wurden. Also als Tweet, oder als Facebook-Kommentar – Hauptsache kurz und schmerzvoll.

Die Demonstrationen sind noch nicht ganz so alt wie Corona. Offensichtlich haben alle anfangs gedacht, dass wir das schneller hinkriegen. Dass das Virus schneller besiegt ist. Dass wir schneller wieder ein normales Leben führen werden.

Was auch immer das heißen mag…

Womit offenbar keiner gerechnet hat: Das Virus interessiert sich nicht für unsere Wünsche! Es handelt total egoistisch und kümmert sich einen Sch*!?dreck um andere. Das Virus ist ein Arschloch!

HUCH!

Völlig unerwartet müssen wir selbst was tun, damit alles wieder etwas normaler wird. Wir müssen uns zusammenreißen, wir müssen uns entsprechend angemessen verhalten.

Wir haben die Macht!

Womit wir beim Problem wären: Wenn wir alle die Macht haben, kann es ja nur schief gehen. Dass nicht jede*r auf die Politiker*innen hört, ist ja schon länger bekannt. Teilweise auch ok, wie ich finde. Aber dass viele einfach nicht auf die Wissenschaftler*innen hören… wollen… schockiert mich echt.

Auf wen oder was denn sonst?

Das „Land der Dichter und Denker“ beschränkt (!) sich selbst mittlerweile auf den ersten Teil. Dichter gibt es immer mehr. Und dichter werden die auch immer mehr. Dichter im Horizont, dichter in ihren Ansichten, dichter offenbar auch durch Drogenkonsum.

Was den Jahrestag angeht, kann ich nur sagen: Hab ich doch gesagt!

Vor einem Jahr habe ich gesagt, das sinnvollste wäre, wenn jetzt alle einfach mal 4 Wochen zu Hause bleiben würden. Dann wäre das Virus abgezogen, frustriert, keinen Bock mehr, „lass mal Ratten nehmen“.

Aber keine*r hat sich getraut, das vorzuschlagen. Und jetzt?

Viel ziehen durch die Gegend. Frustriert, keinen Bock mehr, „lass mal Parteien gründen“.

Ich bin gespannt, wie dieser Jahrestag das Jahr strukturiert. Wird es irgendwann ein Tag, um Kränze niederzulegen? Wird es ein Tag, sich zu freuen? Oder wird es ein Tag, wo irgendwann gesagt wird: „Och, Corona, weißt Du noch? Dieses harmlose kleine Virus damals… so Dörte-Michael, Anzug an, Desinfektionsdusche und auf zum Holodeck-Kindergarten!“

Insofern: Einen schönes Ischgelien!

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