Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Männer mehr Schmerz
aushalten können als Frauen.
Soweit die Theorie.
Praktisch scheint es häufig so, dass Männer an den kleinsten
Wehwehchen sterben. Worte wie „Männerschnupfen“ machen die Runde. Ähnliche Sorge
gibt es nur vor Krebs und Malaria. Keiner weiß, wen es wann trifft. Das Leiden
ist riesig.
Ich selber leide an Allergien. Einige. Meistens geht es mir
damit gut, weil ich keine wirklichen Einschränkungen dadurch habe. Momentan
neige ich aber dazu, meine Allergien fast wie einen Männerschnupfen
auszukosten.
„Sollen wir noch mal raus?“ – „Och nö, Du weißt ja, die
Allergie...“
Ein bisschen Leiden tut halt manchmal gut. Umsorgt werden. In
den Mittelpunkt gestellt werden, obwohl es nichts zu feiern gibt. Einfach mal
Weichei sein dürfen.
Die Entwicklung der Menschen ist über die letzten Millionen
Jahre relativ weit fortgeschritten. Bei einigen Punkten merken wir aber immer
wieder, dass wir noch tief in steinzeitlichem Verhalten verwurzelt sind:
Schreckhaftigkeit bei lauten Geräuschen; Aufmerksamkeit bei gefährlich leisen
Geräuschen; Frauen, die im Haushalt alles alleine machen müssen; Unterschiedlicher
Arbeitslohn...
Vielleicht ist es bei Krankheiten genauso. Während Frauen
gebären und sofort wieder Obst und Gemüse sammeln gehen konnten, mussten die
Männer wirklich fit sein. Jedes Niesen konnte die ganze Gruppe bei der Jagd in
Gefahr bringen, deshalb musste ein Schnupfen richtig auskuriert werden.
Erstaunlicherweise haben die Männer etwas daraus gelernt:
Die Verlängerung der Krankheit führt zur Verlängerung der Auszeit.
Und vielleicht passierte es ja auch, dass bei einer Jagd,
bei der ein Mitglied der Gruppe entschuldigt fehlte, der Rest der Gruppe vom
Säbelzahntiger erwischt und getötet wurde. Evolutionär könnte es also sein,
dass die Krankheitsanfälligeren Männchen auf Dauer diejenigen waren, die länger
die Gelegenheit hatten, Nachwuchs zu zeugen.
Wahrscheinlich waren auch sie diejenigen, die irgendwann
gesagt haben: „Zur Jagd? Och nö, Du weißt doch, mein Schnupfen...“
Vielleicht ist so die Sesshaftigkeit entstanden. Nur so
wurde es möglich, Statussymbole wie Autos, Häuser und Gärten anzulegen. Nur so
konnten endlich Fettleibigkeit und Diabetes Einzug in unsere Leben finden.
Nur so konnten Ärzte erfunden werden, die aufgesucht werden,
um danach über sie zu schimpfen, ihre Ratschläge zu missachten und anschließend
wieder sagen zu können: „Wäsche aufhängen? Och nö, Du weißt doch, der
Schnupfen...“
Evolutionär kann man(n) also nur sagen: Ein kleiner
Schnupfen für die Frau – ein großer Schritt für die Menschheit...
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